Von Luca Huber
Die Rugen Distillery gehört zu den grössten Whisky-produzentinnen der Schweiz. Ihr Mountain Single Malt «Ice Label», gereift auf dem Jungfraujoch, ist legendär. Doch Master Distiller Kurt Althaus hat noch einiges mehr im Köcher.
von Lucas Huber
Rugenbräu, das ist doch Bier. Richtig. Aber eben auch Whisky. Bei Rugenbräu braut man nämlich nicht nur; man brennt auch. Verantwortlich dafür ist die Rugen Distillery. Immerhin basieren Bier und Whisky auf den gleichen Rohstoffen. «Als Brauerei ist man da natürlich prädestiniert.» Der das sagt, ist Master Distiller Kurt Althaus. Vor einem Vierteljahrhundert hatte er hier einst tatsächlich als Bierbrauer angefangen.
Sogar mit den Schotten haben sie sich angelegt, die Berner Oberländer. Ihr Swiss Mountain Single Malt Whisky trug nämlich ursprünglich «Highland» im Namen. Aber damit lassen die Schotten nicht mit sich spassen. Die angestrebte Klage beantwortete Rugenbräu mit der Namensänderung. Der Swiss Mountain Single Malt ist übrigens auch der bekannteste der Rugen-Whiskys.
Als «Ice label» wird er nämlich nach einigen Jahren im Felsenkeller im ewigen Eis auf dem Jungfraujoch ausgereift, 3454 Meter über Meer. Das hat natürlich viel mit Marketing zu tun, Mythos und Whisky verstehen sich blendend – aber nicht nur. Althaus versichert: «Natürlich beeinflusst das den Whisky!» Man schmecke es ihm auch an. «Die Meisten erkennen ihn beim Tasting sofort. Und viele sagen sogar, dass sei der beste Whisky, den sie je probiert hätten.»
Wie das geht? Der «Ice Label» kommt zwar mit 55 bis 58 Volumenprozent vom Joch herunter. Das schmecke man ihm aber nicht an, erklärt Althaus: «Er ist einfach geschmeidiger, feiner – und eben unverkennbar.» Und aufgrund der konstanten vier Minusgrade im Eispalast und dem geringeren Luftdruck fällt auch der Anteil, den die Engel abgreifen, geringer aus.
Aus dieser Idee heraus entstand eine weitere Zusammenarbeit: Seit drei Jahren lagern im Tropenhaus in Frutigen drei Whiskyfässer. Wegen der tropischen Tage und der kühlen Nächte reift der Whisky hier schneller. «Hier entwickelt sich etwas ganz Spannendes», frohlockt der Brennmeister und ergänzt: «Wir lagern in einem Radius von 50 Kilometern Whisky in drei Klimazonen.»
Das alles zeigt: Kurt Althaus ist ein Tüftler, einer, der nichts unversucht lässt, noch ein Quäntchen mehr aus seinen Whiskys zu holen, einen unerwarteten Geschmack, eine neue Nuance. Darum experimentiert er mit Honigwaben und Fässern, die er bei einem Metzger räuchern lässt, mit Walgesängen und Rotweinfässern vom höchstgelegenen Weingut der Welt. Erhältlich sind die Tropfen daraus dann unter Anderem in der sogenannten «Master Distiller»-Linie, die, losgelöst vom Sortiment, seit 2017 in Kleinauflage reissenden Absatz finden.
Ihre Brennabteilung hat die Rugenbräu AG 2010 offiziell lanciert, mit der Destillerie über dem Sudhaus hinter einer gläsernen Fassade; ein Blickfang. Als das Brennverbot für Getreide 1999 fiel, stand Althaus' Vorgänger in Matten allerdings längst in den Startlöchern. Der Premierenwhisky, ein einzelnes Fass à 500 Liter, war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft.
Schon vorher hatte er erste Versuche mit Bierbränden gemacht. Die Fleur de Bière ist noch heute fester Teil des Sortiments und hat sich von einem rustikalen Destillat zu einem innovativen Feingeist gemausert. «Es ist nicht unser Zugpferd, wurde aber immerhin zum höchstprämierten Destillat des Swiss Spirit Award 2020 erkoren», erzählt Althaus.
Im vergangenen Herbst lancierte die Destillerie zwei knallige Gins, den «blue» und den «red». Wie das Original, der «Swiss Crystall Gin», tröpfeln auch sie über einen echten Bergkristall, bevor es in die Flasche geht. Zurzeit sinniert Kurt Althaus ausserdem über die Entwicklung eines Alpenbitters. Das würde topografisch passen, ganz im Gegensatz zu Obstbränden. «Wir sind einfach keine Obstregion. Es ist schwierig für uns, an gute Früchte zu kommen. Aber sag niemals nie.»
Bei aller Grösse, aller Bekanntheit und aller Exklusivität hat sich die Rugen Distillery ihre Bodenständigkeit erhalten. «Die ist uns wichtig», unterstreicht Kurt Althaus. Darum wird hier genauso von Hand abgefüllt, wie von Hand etikettiert wird. Man arbeitet eng mit den Hoteliers und Gastronomen der Region zusammen, mit den Barbetreibern wünschte sich der Brennmeister einen noch etwas engeren Austausch.
Wichtig ist auch der angegliederte Laden, die «Gnuss-Wält», von wo die Führungen zu den zwei Brennblasen und in den Felsenkeller führen. Gewöhnlich machen ganze Reisgruppen hier Halt. Denn bei Kurt Althaus geht es nicht nur ums Probieren und Verkaufen: «Wir wollen unseren Kunden ein Erlebnis schaffen.»
rugenbraeu.ch/distiller